Wie schnell die Zeit vergeht, Sommer ist vorbei, die Blätter wehen bei windigem Wetter von den Bäumen, hier in Deutschland hatten wir gerade zwei sehr kalte Wochen für diese Jahreszeit. Und nun ist es Zeit, der Jägermond ist voll.
Es scheint mir ein sehr altes Bild der Mondin, Jägermond, Hunters Moon. Unter anderen gibt es für diesen Vollmond auch die Bezeichnung Dying Grass Moon, oder Mond des sterbenden Grases. Es ist der Vollmond nach der Ernte. Für unsere Jäger und Sammler Vorfahren war es der volle Mond wenn das Gras Braun wurde und die Kräuter sich zurückzogen. Es war eine gute Zeit zu jagen um wohlgenährt in den Winter zu gehen, um genug Fleisch zum trocknen zu haben und neue Felle zu gerben für Kleidung, Behausung und Schlafstätte.
Die Ernte ist also eingebracht, bzw in Zeiten unserer Jäger Sammler Vorfahren ist das Gras am absterben und wird von den herbstlichen Winden und Regenfällen umgeknickt. So bieten die Gräser dem äsenden Wild keinen Schutz mehr. Sie werden gut sichtbar auf offenem Feld, wo sie sich die Bäuche füllen mit gefallenem Korn und mit den noch grünen Gräsern und Kraütern, um genug Reserven für den kommenden Winter aufzubauen. Um diesen Vollmond sind Männer unserer Jäger Sammler Vorfahren in kleinen Gruppen unterwegs. Gut getarnt und fast unsichtbar pirschen sie sich unbemerkt an das Wild, auf ihrer grossen vorwinterlichen Jagd.
Diese wenigen sehr hellen Nächte um den Jäger Vollmond würden helfen noch einmal Fülle zu generieren. Der Stamm kam zusammen in einem feierlichen Gelage, in Überfluss, feierten das Leben, stärkten ihre Beziehungen und Freundschaften. Grosse Feuer brannten in der Nacht, während der Sommer verbrannt wurde und das Licht ins Dunkel des bevorstehenden Winters getragen wurde. Es ist die Zeit um Samhain, heute vielleicht eher als Halloween bekannt. In alten Tagen gab es keinen Kalender mit einem Datum für das Fest, die Menschen richteten sich nach den Zyklen, zum Beispiel die der Mondin.
Diese Zeit, in der der Sommer verbrannt wurde und die dunkle Jahreszeit wahrnehmbarer wurde, war sicherlich auch eine gute Zeit an Ahnen zu denken und mit ihnen in Verbindung zu treten, wie heutzutage an Samhain. Ahnenwesen spielen auch heute noch eine grosse Rolle im Leben vieler eingeborenen Naturvölkergruppen, so war das vor tausenden von Jahren wohl auch. Die Beziehung zu den Ahnen wird sehr gepflegt, sollen sie einem doch wohlgesonnen sein und einen beschützen und führen, diese Vorangegangenen, die Dinge sehen und erkennen, die uns gänzlich entgehen mögen.
Ahnen, die Frage nach unserem Woher, und wo wir hingehen. Das sind Themen, die schon immer in meinem Leben eine grosse Rolle spielten. so prägte diese Auseinandersetzung auch immer meine Kunst, und ich habe viel Zeit mit der Frage verbracht, wie ich zu einem würdigen Ahnen der Zukunft werde. Einige Jahre lang nahm ich auch an archäologischen Grabungen teil auf meiner Suche.
Links ist ein Bild von mir 2006, vor 10 Jahren, in einer 3,5m tiefen Grube, einem Langobardengrab in Szolad, Ungarn. Ich habe ihn während der sommerlichen Kampagne im Laufe von ca. 10 Tagen ganz alleine ausgegraben. Schicht für Schicht, mit grösster Sorgfalt, jede Ebene habe ich dokumentiert, gezeichnet, eingemessen, die Erdbeschaffenheit etc. schriftlich beschrieben. Jeden Tag näherte ich mich diesem Langobardenkrieger, in einem Einbaumsarg begraben, mit seiner Lanze und Beigaben von Essen, Trinken, einem knöchernen Kamm und ähnlich brauchbares für seine Reise in die Unterwelt.
Ich führte diese Tätigkeit mit grösstem Respekt durch, er war zu Lebzeiten grösser als ich. Nachdem ich ihn exhumiert hatte, wusch ich seine Knochen und formte eine Tonmaske, die ich an seiner Stelle ins leere Grab legte, als Zeichen der Achtung und des Dankes für diese besondere Begegnung. In die Augenhöhlen der Maske legte ich zwei Münzen. Gerade als ich aus dem Grab geklettert war fiel ein urplötzlicher heftiger Regen und füllte das Grab in Minuten mit Wasser und Schlamm.
Werde Wirklich WILD!
wild-horse 10/2016